Arbeitnehmerüberlassung aus dem Ausland
Arbeitnehmerüberlassung aus dem Ausland
Wählen die Parteien bei einer Überlassung aus dem Ausland nach Deutschland die Geltung des ausländischen Rechts des Entsendestaates, muss für die Anwendung des AÜG auf das Überlassungsverhältnis unterschieden werden, ob die betreffende Norm eine Eingriffsnorm i.S.v. Art. 9 Abs. 1 Rom I-VO ist.
Art. 9 Abs. 1 Rom I-VO besagt:
„Eine Eingriffsnorm ist eine zwingende Vorschrift, deren Einhaltung von einem Staat als so entscheidend für die Wahrung seines öffentlichen Interesses, insbesondere seiner politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Organisation, angesehen wird, dass sie ungeachtet des nach Maßgabe dieser Verordnung auf den Vertrag anzuwendenden Rechts auf alle Sachverhalte anzuwenden ist, die in ihren Anwendungsbereich fallen.“
Mit Urteil vom 26.04.2022 – 9 AZR 228/21 stellte das BAG fest, bei § 9 Nr. 1 AÜG handele es sich nicht um eine Eingriffsnorm nach Art. 9 Abs. 1 Rom I-VO, da der einzelne Leiharbeitnehmer keinen Schutz genieße, der über den des § 2 AentG hinausginge.
Gegenstand des Verfahrens war die Klage einer französischen Staatsbürgerin, die nach Deutschland überlassen worden war. Ihr Arbeitsverhältnis unterlagt französischem Recht, die Arbeitgeberin hatte keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung.
Die Klägerin vertrat die Auffassung, wegen des Fehlens der Erlaubnis sei unter Anwendung der §§ 9, 10 AÜG ein Arbeitsverhältnis mit dem deutschen Entleihunternehmen entstanden. Das BAG lehnte die Anwendung der Normen ab und entschied, § 2 Nr. 4 AEntG a.F. ordnet nicht die Geltung von Bestimmungen an, die – wie § 9 Nr. 1 und § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG a.F. – den Bestand des Leiharbeitsverhältnisses betreffen.
Anderes gilt bei einem bestehenden Verbotsgesetz.
§ 1b AÜG verbietet die Arbeitnehmerüberlassung in das Bauhauptgewerbe. Diese Norm stufte das Kammergericht (KG) in Berlin (Urt. v. 15.02.2022 – 21 U 1116/20) als Eingriffsnorm i.S.d. Art. 9 Abs. 1 Rom I-VO ein und erklärte den zugrunde liegenden Vertrag, der kraft Rechtswahl polnischem Recht unterlag für nichtig, da er gegen ein Verbotsgesetz verstößt.
Die Bestimmung des § 1b AÜG verfolge einen „überindividuellen“ Schutzzweck, der über das Interesse der Vertragsparteien hinausgehe, was die Anwendung der Norm neben dem ausländischen Vertragsstatut rechtfertige.
Christiane Höppner
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
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