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Schriftformerfordernis des Überlassungsvertrags endlich abgeschafft – „Schriftform light“ beim Arbeitsvertrag

I.

Nachdem § 12 Abs. 1 Satz AÜG, wonach der Überlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher zwingend der Schriftform bedarf, jahrzehntelang den Alltag der Personaldienstleistung erschwerte, gehört diese anachronistische Anforderung nun bald der Vergangenheit an.

Das Schriftformerfordernis sah vor, dass der Überlassungsvertrag ausschließlich auf Papier mit Originalunterschrift wirksam geschlossen werden konnte. Da er zusätzlich vor Beginn der Überlassung vorliegen musste, stellte dies bisweilen ein echtes Hemmnis dar. Und das in einer Branche, deren Kern die Flexibilität ist. Die Agentur für Arbeit, als Kontrollbehörde betonte zwar stets, Vollmachtsmodelle etc. zu akzeptieren. Auch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht oder der Verzicht auf den Zugang der Annahme des Angebots waren Gestaltungsvarianten. Tatsächlich waren diese Möglichkeiten indes häufig nur mit denjenigen Entleihern durchführbar, mit denen bereits eine Zusammenarbeit stattfand, da auch bspw. bei Vollmachtsmodellen Unterschriften im Vorfeld der Überlassung geleistet werden mussten.

Zudem verlangte die Agentur für Arbeit „nicht nur die Festlegung der Vertragsparteien und deren Hauptleistungspflichten, sondern auch Bedingungen, Befristungen, die Modalitäten der Leistungspflichten sowie Nebenabreden“ in schriftlicher Form, wie es in ihren Fachlichen Weisungen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (noch) heißt und stellte dies stets Prüfungsschwerpunkt dar.

Begründet wurde die strenge Schriftform vom Gesetzgeber mit dem Schutz der Vertragsparteien und des Leiharbeitnehmers. Außerdem werde die Prüfung der Verträge durch die Agentur für Arbeit erleichtert. Überzeugend ist das indes nicht, da eine besondere Schutzwürdigkeit der Vertragsparteien, die regelmäßig Kaufleute sein dürften, nicht erkennbar ist. Der Mitarbeiter ist am Überlassungsvertrag gar nicht beteiligt, sein Arbeitsverhältnis hat auch dann Bestand, wenn der Überlassungsvertrag formunwirksam geschlossen wurde. Warum es einer Vereinfachung der Prüfung der Agentur für Arbeit bedarf und worin hierbei der Unterschied zwischen Schriftform und Textform besteht, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

Die Zielsetzung der Schriftform vermochte jedenfalls nicht, die Umständlichkeiten und Ablaufhemmungen in der Praxis zu rechtfertigen, weshalb sie zu recht nun endlich abgeschafft ist.

Ab dem 01.01.2025 gilt anstelle der strengen Schriftform die Textform.

§ 12 Abs. 1 AÜG lautet ab dem 01.01.2025 wie folgt: „Der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Entleiher bedarf der Textform. […] In dem Vertrag hat der Verleiher zu erklären, ob er die Erlaubnis nach § 1 besitzt. Der Entleiher hat in dem Vertrag anzugeben, welche besonderen Merkmale die für den Leiharbeitnehmer vorgesehene Tätigkeit hat und welche berufliche Qualifikation dafür erforderlich ist sowie welche im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts gelten; […].“

Textform ist gesetzlich definiert und setzt voraus, dass die Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird und den Erklärenden erkennen lässt. Neben Papier kann das auch eine E-Mail, Fax oder gar eine WhatsApp Nachricht sein. Wobei letztere wegen der Selbstlöschfunktion von Nachrichten zweifelhaft sein könnte, wegen der erheblichen Datenschutzbedenken aber ohnehin vermieden werden sollte. Der Absender muss der Erklärung zugeordnet werden können, sodass auch bei Textform auf die Stellung des Erklärenden zu achten ist. Handelt der Erklärende als Vertreter ist weiterhin eine Vollmacht erforderlich.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang ebenso, dass die Voraussetzungen eines wirksamen Vertragsabschlusses gleichwohl gelten. D.h. Angebot und Annahme als übereinstimmende Erklärungen der Vertragsparteien müssen festgehalten werden. Die Schriftlichkeit des Überlassungsvertrags hatte diesbezüglich durchaus den Vorteil, dass regelmäßig auch alle nachrangigen Regelungen, wie Haftung, Austausch eines überlassenen Mitarbeiters, etc. enthalten waren. Wird eine Überlassung auf die Schnelle mittels E-Mail vereinbart, so ist nun vermehrt darauf zu achten, dass auch diese Nebenbestimmungen, die meist nicht einzeln thematisiert werden, in den Vertrag einzubeziehen sind. Anderenfalls gelten sie schlicht nicht.

Dies gilt umso mehr, als das weiterhin unverändert der Vertragsabschluss vor der Überlassung stattfinden muss, der Vertrag als Überlassungsvertrag zu bezeichnen ist und die Konkretisierung vor der Überlassung zu erfolgen hat. Hieran ändert sich nicht.

Die Lockerung in der Vertragsform darf daher nicht zum fahrlässigen Umgang mit dem Vertragsabschluss führen. Weder können vertragliche Regelungen im Nachgang einseitig noch in den abgeschlossenen Vertrag aufgenommen werden, noch kann der Vertragsabschluss als solcher nachgeholt werden.

Die schwerwiegenden Folgen, die das AÜG für Fehler beim Vertragsabschluss vorsieht, wie die Entstehung eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher, Entzug der Erlaubnis oder Bußgelder, knüpfen denn auch gar nicht an die Schriftform an, sondern an das Fehlen der Erlaubnis bei Vertragsabschluss oder die fehlende Bezeichnung als Überlassungsvertrag zusammen mit der fehlende Konkretisierung.

Diese Folgen bleiben bestehen, sodass hierauf weiterhin besonderes Augenmerk gelegt werden muss.

Es ist anzunehmen, dass die Agentur für Arbeit auch zukünftig vertieft die Wirksamkeit des Vertragsabschlusses prüfen wird, eventuell gerade weil Verträge nun sehr viel schneller und flüssiger abgeschlossen werden können.

Für Verträge, die vor dem 01.01.2025 geschlossen wurden oder noch werden, greift weiterhin die Schriftform. Das dürfte auch für Ergänzungen eines Überlassungsvertrags gelten, die zwar nach dem 01.01.2025 erfolgen aber als Neben- oder Änderungsabrede zu einem Vertrag gehören, der vor dem Stichtag abgeschlossen wurde.

 

II.

Auch das erst kürzlich neu gestaltete Nachweisgesetz ist von der Änderungsrunde umfasst und sieht Vereinfachungen beim Arbeitsvertrag vor.

Dass die Arbeitsbedingungen im Zeitalter der Digitalisierung noch immer schriftlich abgefasst werden mussten, unterlag starker Kritik. Die Anforderungen an den Nachweis wurden nun gelockert, wenngleich die Textform hier nicht einschränkungslos gilt.

Im Gegensatz zum Überlassungsvertrag können die Arbeitsbedingungen nur dann in Textform abgefasst und elektronisch übermittelt werden, wenn das Dokument für den Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit der Übermittlung auffordert, einen Empfangsnachweis zu erteilen.

Was genau unter Empfangsnachweis zu verstehen ist, muss vermutlich nicht weiter vertieft werden, weil dem Wortlaut nach, der Arbeitgeber nur zur Erteilung auffordern muss, es aber nicht des Nachweises selbst bedarf. Gibt der Arbeitnehmer nach Erhalt der Arbeitsbedingungen z.B. per E-Mail kein Empfangsnachweis ab, so reicht die Textform dennoch aus, wenn die Aufforderung zum Empfangsnachweis beigefügt war.

 

III.

Nicht geändert wurde das Teilzeit- und Befristungsgesetz, wonach ein befristeter Arbeitsvertrag immer schriftlich geschlossen werden muss.

Auch die Kündigung des Arbeitsvertrags muss zwingend weiterhin schriftlich erfolgen.

 

 

Christiane Höppner

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Arbeitsrecht

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